2024-05-17T14:19:24.476Z

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Rapport am Zaun: Nach dem Schlusspfiff bekamen die 1860-Verlierer von den Ultras in der Westkurve die Leviten gelesen (“Wir woll‘n Euch kämpfen seh‘n!“).
Rapport am Zaun: Nach dem Schlusspfiff bekamen die 1860-Verlierer von den Ultras in der Westkurve die Leviten gelesen (“Wir woll‘n Euch kämpfen seh‘n!“). – Foto: IMAGO/Ulrich Wagner
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„Jetzt brennt der Baum!“: Zahnloser TSV 1860 München bringt sich in Bedrängnis

Haching leistet Schützenhilfe

Der TSV 1860 München verliert auch gegen die Reserve von Borussia Dortmund und muss um den Klassenerhalt in der 3. Liga fürchten.

München – Wie so oft bei diesem Verein lagen zwischen Himmel und Hölle nur 90 Minuten (plus X). Vor dem Spiel: Jubiläums-Choreo zum 125. Geburtstag der Fußball-Abteilung („Das Herzstück“), Partylaune und freudige Klassenerhalts-Erwartung. Nach dem Spiel, das der TSV 1860 München verdient verloren hatten: schrille Pfiffe und Schimpftiraden aus der Westkurve. Die Ultras, die sich für ihre Choreo maximal reingehängt hatten, brüllten: „Wir woll‘n Euch kämpfen seh‘n!“ Kommt selten vor im Stadion der leidensfähigsten Anhänger der 3. Liga, doch dieses 1:2 gegen Dortmunds U 23 – das konnte keiner auf den Rängen unkommentiert stehen lassen.

Schlaffi-Einstellung, uninspiriertes Spiel und bis auf Torschütze Ouro-Tagba kein Profi, der sich erkennbar aufbäumte. Was lange keiner wahrhaben wollte, ist durch die sechste Niederlage in den letzten neun Spielen bittere Gewissheit geworden: Für die Löwen wird der Liga-Endspurt zum Existenzkampf. Mehr denn je in dieser Saison droht der Abstieg. Am Samstag nach dem Schlusspfiff war nur noch nicht klar, wie stark das Polster auf Platz 17 vor dem heftigen Final-Doppelpack (Freitag in Essen, zum Abschluss daheim gegen Bielefeld) zusammengeschnurrt ist.

Kapitän und Torhüter des TSV 1860 München sprechen Klartext

Immerhin: Der Torhüter und der Kapitän sprachen Klartext. „Jetzt brennt der Baum“, sagte Marco Hiller, der schon nach der Haching-Pleite Alarm geschlagen hatte. Kapitän Jesper Verlaat, der im leaderlosen Gefüge mit unterging, fasste die Lage ungeschönt zusammen. Ohne das für ihn typische Surfer-Lächeln sagte er: „Jetzt haben wir zwei Endspiele vor uns. Ich finde es normal, dass man eine Ansage von den Fans bekommt. Es bringt nichts zu lamentieren. Wir müssen die Situation so annehmen.“

Sagt sich so leicht, doch warum sollte gerade jetzt besser werden, was schon beim 0:2 in Haching nicht klappte, hinterher u.a. vom Trainer angesprochen wurde („Wir schauen genau hin, wer vorneweg marschiert“) – und am Samstag, noch ohne das ganz große Nervenflattern, nur von ganz wenigen Spielern beherzigt wurde? Dass die Fans dem Team den Kampfgeist absprachen, nahm Hiller so hin: „Unabhängig davon, ob wir gekämpft haben oder nicht: Das ist die normale Reaktion der Fans. Und wenn sie das von außen so sehen, dass wir nicht gekämpft haben, muss man das so akzeptieren.“

Ole Pohlmann macht wie im Hinspiel den Unterschied

Tatsächlich waren die Löwen nur phasenweise in der Lage, Dortmunds Supertalenten Paroli zu bieten, ähnlich wie schon im Hinspiel (0:3). Damals wie am Samstag war es Ole Pohlmann, der den Unterschied machte. Bei seinen beiden Treffern, jeweils zu Beginn der Halbzeiten, ließ er seine Bewacher wie behäbige Statisten aussehen (4., 50.). Der Ausgleichstreffer von Ouro-Tagba (28.), reingewurschtelt nach einem Einwurf, brachte kurzzeitig Hoffnung zurück, doch das wohl scheidende Talent fand keine Nachahmer in Sachen Willenskraft.

Morris Schröter ließ eine Großchance per Kopf ungenutzt (31.), der eingewechselte Joel Zwarts eine noch größere bei einem Konter (59.). „Wir müssen in der Box viel, viel schärfer werden“, klagte Trainer Argirios Giannikis, der selber Rätsel aufgibt. Erst acht Spiele ohne Niederlage, jetzt neun mit nur einem Sieg. Seine Punktebilanz nach 17 Spielen (23) ist nicht mehr weit von der seines Vorgängers Maurizio Jacobacci entfernt (20). Und auch was Spielweise und Struktur angeht, nähern sich die Rückrundenlöwen den Auftritten der Hinrundenlöwen an.

Löwen-Coach Giannikis steht nicht zur Debatte

Wie soll das gutgehen auf den letzten Metern einer weiteren verkorksten Saison? Der Münchner Merkur weiß: Ehe Unterhaching am Sonntagabend in Halle Schützenhilfe leistete, dachten die Löwen über eine Verkleinerung des Kaders nach. Zur Debatte stand auch, früher nach Essen zu reisen, um die Sinne zu schärfen. Nicht zur Debatte steht der Trainer, denn der, so das Ergebnis einer Analyse, habe die Probleme geerbt: den zu großen Kader, das Führungsvakuum, den Mangel an Wettbewerbshärte, hinten wie vorne.

Servus Frank: U21-Coach Schmöller, verabschiedet von den Geschäftsführern Werner und Mueller.
Servus Frank: U21-Coach Schmöller, verabschiedet von den Geschäftsführern Werner und Mueller. – Foto: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Heike Feiner

An den auslaufenden Verträgen kann es übrigens nicht liegen, denn bei den wacker kämpfenden BVB-Bubis laufen ebenfalls 15 aus. Der weiseste Satz stammt von Ex-Interimscoach Frank Schmöller (U 21), der am Samstag offiziell verabschiedet wurde: „Wenn die Sch… bis zum Hals steht, dann musst du den Kopf oben lassen – sonst wird es böse.“ Geäußert im Dezember, vor dem Auswärtsspiel in Bielefeld. Zeit sich, daran zu erinnern, am besten schon vor dem Rückspiel am 18. Mai.

Aufrufe: 06.5.2024, 08:51 Uhr
Uli KellnerAutor